Wie viel Fläche braucht man zur Selbstversorgung?

Wie viel Fläche braucht man zur Selbstversorgung? Richtwerte pro Person und Haushalt


Viele fragen: „Reichen 50 m²?“ oder „Wie schaffe ich es, 2–4 Personen spürbar mitzuversorgen?“ Die ehrliche Antwort: Es hängt von deinem Ziel (Ergänzung vs. Vollversorgung), Boden, Klima, Zeit und Lagerkapazität ab. Die gute Nachricht: Mit den richtigen Kulturen – einfach anzubauen, leicht zu verarbeiten, gut zu lagern – kannst du schon auf überschaubarer Fläche Großes erreichen.

Die kurze Antwort (Richtwerte)

  • Substanzieller Beitrag (30–50% kcal/Haushalt): ca. 100–300 m² pro Person
  • Hoher Selbstversorgungsanteil (50–80% kcal): ca. 300–600 m² pro Person
  • Sehr hohe Selbstversorgung/nahezu voll (pflanzenbasiert): ca. 400–800 m² pro Person

Hinweise:

  • Niedrige Werte erfordern hohe Intensität, gute Böden, Bewässerung, Lagertechnik und Planungsdisziplin (Mischkultur, Saisonverlängerung, dichte Pflanzungen, Kompost).
  • Höhere Werte sind realistischer bei durchschnittlicher Pflege und schwächerem Boden.

Annahmen und Kalorienbedarf

  • Richtwert Energiebedarf: 2.300 kcal/Tag/Person ≈ 840.000 kcal/Jahr
  • Kaloriendichte und typische Erträge (grobe Spannweiten):
    • Kartoffeln: 3–5 kg/m²; ~770 kcal/kg → ca. 2.300–3.850 kcal/m²
  • Getreide (Weizen/Roggen): 0,3–0,6 kg/m²; ~3.400 kcal/kg → ca. 1.000–2.000 kcal/m² (im Kleingarten selten sinnvoll: Anbaufläche, Dreschen, Schälen, Mahlen sind arbeitsintensiv)
    • Körnerbohnen/Erbsen: 0,5–1,0 kg/m²; ~3.300 kcal/kg → ca. 1.600–3.300 kcal/m²
    • Kürbis/Mais (Körnermais): stark variabel; Mais ~1,0–1,5 kg/m² Körner → ~3.400–5.100 kcal/m²
    • Blatt-/Fruchtgemüse: hohe Nährstoffdichte, aber niedrigere kcal/m²; wichtig für Gesundheit, nicht für kcal-Basis.

Konsequenz: Die praktische Kalorienbasis im Hausgarten kommt aus Kartoffeln, lagerfähigen Wurzelgemüsen, trocknenden Hülsenfrüchten und robusten Fruchtgemüsen (z. B. Winterkürbis). Getreide lohnt sich auf kleiner Fläche meist nicht – zu viel Verarbeitung für zu wenig Ertrag. Körnermais ist möglich, aber Trocknung/Entkörnen sind aufwändig; Zuckermais ist frisch top, trägt jedoch weniger zur Jahreskalorienbilanz bei.

Beispielrechnungen (Daumenregeln)

Reine-Kartoffel-Rechnung (nur als Anker, keine Empfehlung):

  • 840.000 kcal/Jahr ÷ 2.300 kcal/m² ≈ 365 m² (bei 3 kg/m²)
  • Bei 5 kg/m²: 840.000 ÷ 3.850 ≈ 218 m²

Realistische Mischkultur (Kartoffeln + Bohnen + Kürbis/Wurzelgemüse + etwas Mais oder ohne Getreide):

  • Bei 2.000–3.000 kcal/m² im kalorienliefernden Anteil und 20–40% Fläche für „Mikronährstoff“-Gemüse landest du häufig bei 300–600 m²/Person für 50–80% Selbstversorgung.

Szenarien nach Zielsetzung

1) Substanzieller Beitrag (30–50% kcal)

  • Ziel: Vorratskeller spürbar füllen, aber Grundnahrungsmittel teils zukaufen.
  • Fläche: 100–300 m²/Person
  • Fokus: Kartoffeln/​Kürbis + 1–2 haltbare Hülsenfrüchte (z. B. Buschbohne, Feuerbohne) + saisonales und lagerfähiges Gemüse. Optional etwas Zuckermais „fürs Herz“, aber nicht als Kalorienanker.
  • Nutzen: Senkt Kosten, steigert Resilienz, gutes Lernfeld.

2) Hoher Anteil (50–80% kcal)

  • Fläche: 300–600 m²/Person
  • Intensivierung: engere Pflanzabstände, Kompostmanagement, Fruchtfolge, Bewässerung, Verarbeitung (Trocknen, Einwecken, Fermentieren), Lager (kühl/trocken).
  • Kalorienquellen diversifizieren: Kartoffel + Bohnen + Winterkürbis + Wurzelgemüse. Optional: etwas Körnermais (Advanced – Trocknung/Entkörnen), kleine Mengen Ölsaaten (Sonnenblume; Pressen ist aufwändig) – eher als Bonus denn als Pflicht.

3) Sehr hoch/nahezu voll (pflanzenbasiert)

  • Fläche: 400–800 m²/Person (je nach Klima, Boden, Ertragssicherheit, Arbeitszeit)
  • Erfordert: Saisonverlängerung (Früh-/Spätsaat, Vlies, Frühbeet), gezielte Sortenwahl, Vorratswirtschaft, Saatgutplanung, Schädlings-/Krankheitsmanagement.

Haushaltsgrößen – grobe Planung

  • 1 Person: 300–600 m² für hohen Anteil; 100–300 m² für substanziellen Beitrag
  • 2 Personen: 600–1.000 m² (Synergien bei Wegen/Kompost/Fruchtfolge möglich)
  • 4 Personen: 1.200–2.200 m² (Skaleneffekte bei Lager/Verarbeitung spürbar)

Flächenaufteilung (Beispiel pro Person, mit Verarbeitungs-Praxis)

  • 40–50% Kartoffeln & lagerfähige Wurzeln (z. B. Karotten, Rote Bete): sehr einfach anzubauen, hohe Kaloriendichte (v. a. Kartoffeln), sehr gute Lagerbarkeit.
  • 15–25% Hülsenfrüchte (Bohnen/Erbsen zum Trocknen): liefern Protein, sind nach dem Trocknen extrem lagerstabil und kochfertig – wenig Verlust, einfache Verarbeitung.
  • 15–25% Winterkürbis/robuste Fruchtgemüse: Hokkaido, Butternut, Muskat – unkompliziert, lagerfähig, vielseitig in der Küche.
  • 15–25% Gemüsevielfalt: Kohl (sauren/fermentieren möglich), Lauch, Zwiebeln, Blattgemüse, Knoblauch – für Mikronährstoffe und Küche. Zwiebeln/Lauch sind gut lagerbar; Kohl kann eingelagert oder fermentiert werden.
  • 0–10% Körnermais/Getreide/Ölsaaten: nur wenn du die Verarbeitung wirklich leisten kannst (Trocknen, Dreschen, Mahlen/Pressen). Für viele Gärten optional.

Passe diese Anteile an Klima, Boden, Wasser, Arbeitszeit und Vorlieben an. In trockenen Regionen kann z. B. Körnermais/​Hirse besser funktionieren – aber behalte den Verarbeitungsaufwand im Blick.

Praxisfaktoren, die den Bedarf verändern

  • Bodenqualität/​Humus: Ertragshebel Nummer 1 (Kompost, Mulch, Gründüngung).
  • Wasser: Verlässliche Bewässerung stabilisiert Erträge; Regenwasserspeicher helfen.
  • Sortenwahl: Ertragsstarke, robuste, lagerfähige Sorten bevorzugen.
  • Pflanzdichte/​Mischkultur: Höhere Dichten erhöhen m²-Ertrag, erfordern aber Nährstoff- und Wasserführung.
  • Schädlinge/​Krankheiten/​Wetter: Streuung der Kulturen reduziert Risiko.
  • Verarbeitung/​Lager: Der Game‑Changer. Kartoffeln, Zwiebeln, Winterkürbis, getrocknete Bohnen zählen doppelt – sie sind monatelang verfügbar. Getreide und Ölsaaten punkten erst, wenn du Dreschen/Mahlen/Pressen gut organisiert hast.

Nächste Schritte

  1. Ziele festlegen: Ergänzung (30–50%) oder hoher Anteil (50–80%)?
  2. Fläche grob planen (m² pro Person) und in Kulturgruppen splitten.
  3. Saisonplan erstellen (Voranzucht, Hauptsaaten, Folgekulturen, Gründüngung).
  4. Lagerkonzept bauen (kühl/trocken/dunkel), Konservierungsmethoden wählen (Trocknen, Fermentieren, Einwecken).

Verwandte Artikel